Jokolade: Strukturelle Stärkung von Kakaoerzeuger*innen für nachhaltige Schokolade

Case Study
Titel
Jokolade: Strukturelle Stärkung von Kakaoerzeuger*innen für nachhaltige Schokolade
Unternehmen & Organisation
Kategorie
Unternehmen
Themenbereich
Social, Umwelt (Environment), Lieferkette
Anvisierte SDGs
1, 8, 12
Jahr
2022
Die Schoko Winterscheidt GmbH ist ein Schokoladen Start-Up, welches zum Ziel hat, möglichst faire Schokolade unter dem Namen „JOKOLADE“ zu verkaufen. Dazu gehört auch, dass Risiken von Zwangsarbeit und illegaler Kinderarbeit in der Kakaolieferkette adressiert werden. Deshalb hat das Unternehmen sich vorgenommen, Kakao aus fairem Handel zu beziehen. Ab dem 1. Quartal 2023 werden auch die restlichen Zutaten der Schokolade aus zertifizierten Quellen erworben.

Ausgangssituation

Kakao wird in Westafrika oftmals unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert. So gibt es im Kakaoanbau immer wieder Berichte über Zwangsarbeit und illegale Kinderarbeit. Zudem erwirtschaften die meist kleinbäuerlichen Kakaofarmer*innen in Westafrika oft so wenig, dass ihr Einkommen kaum für sie und ihre Familien reicht. Diese Bedingungen entstehen unter anderem auch deshalb, weil die Erzeuger*innen gegenüber ihren deutlich größeren Abnehmern geringe bis keine Verhandlungsmacht besitzen. Kakao ist dabei nicht die einzige Zutat in Schokolade, deren Herstellung immer wieder mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht wird. Auch der Anbau von Rohstoffen wie Zucker oder Vanille findet oft unter widrigen Bedingungen statt.

Die Schoko Winterscheidt GmbH hat sich als Ziel gesetzt, dieses Problem anzugehen. Unter dem Namen JOKOLADE vertreibt das kleine Unternehmen mit 9 Mitarbeiter*innen Schokolade in vielfältigen Geschmacksrichtungen aus sozial möglichst nachhaltigem Kakaoanbau und arbeitet gemeinsam mit Partnern daran, auch weitere Rohstofflieferketten nachhaltiger zu gestalten, um eine wirklich faire Schokolade herzustellen.

Zielsetzung und Umsetzungsansatz

Joko Winterscheidt hat sich mit der Gründung der Schoko Winterscheidt GmbH und der Marke JOKOLADE zum Ziel gesetzt, durch seine Reichweite als bekannter Fernsehmoderator auf die Missstände in der Kakaoindustrie aufmerksam zu machen und den deutschen Schokoladenmarkt zum Positiven zu verändern. Die Schoko Winterscheidt GmbH hat das Ziel ihre Schokolade menschenwürdig und umweltfreundlicher herzustellen. Um sich diesem Ziel anzunähern, hat das Unternehmen verschiedene Maßnahmen implementiert. Diese beziehen sich derzeit hauptsächlich auf den Kakao, welcher in der Jokolade verarbeitet wird: So ist der Kakao des Unternehmens Fairtrade-zertifiziert und zudem Teil der „Tony’s Open Chain“.

Die Fairtrade Initiative setzt sich für fair gehandelte Rohstoffe, wie Kakao oder Zucker, ein. Die ersten JOKOLADE Produkte tragen das weiße Fairtrade Rohstoffsiegel für Kakao, die neueren Produkte bereits das schwarze Fairtrade Produktsiegel. Um ein Fairtrade Rohstoffsiegel zu erhalten, müssen bestimmte Standards beim Anbau und Handel dieses Rohstoffes eingehalten werden. Diese Standards fokussieren sich sowohl auf ökonomische, wie auch auf soziale und ökologische Themen. Hier sind wichtige Bestandteile u.a. die Bezahlung des festgelegten Fairtrade-Mindestpreises und der Fairtrade-Prämie, transparente Handelsbeziehungen, umweltschonender Anbau und die Förderung gewerkschaftlicher Organisationen. Die Schoko Winterscheidt GmbH wird zudem dank der Zusammenarbeit mit Fairtrade sowie mit den Schokoladenproduzenten der JOKOLADE Produkte ab dem ersten Quartal 2023 alle Produkte mit dem schwarzen Fairtrade Produktsiegel versehen können. Das bedeutet, dass alle Zutaten, bei denen die Möglichkeit der Fairtrade-Zertifizierung besteht, aus Fairtrade-zertifizierten Betrieben bezogen werden.

Als kleines Unternehmen hat die Schoko Winterscheidt GmbH nur begrenztes Einflussvermögen. Daher hat sich das KMU zusätzlich der Initiative „Tony’s Open Chain“ angeschlossen. Diese wurde von dem niederländischen Schokoladenhersteller Tony’s Chocolonely ins Leben gerufen und möchte eine breitere Nutzung nachhaltig produzierter Kakaobohnen fördern.

Die „Tony’s Open Chain“ folgt fünf grundlegenden Prinzipien zur Förderung von menschenwürdig hergestellten Kakaobohnen:

  1. Alle Kakaobohnen der „Tony’s Open Chain“ stammen aus 100% rückverfolgbaren Partnerkooperativen aus Ghana und der Côte d’Ivoire. Hierzu wird ein Softwareprogramm namens „Bean Tracker“ genutzt, welches digital die Datenerfassung von der Genossenschaft bis zur Schokoladenproduktion protokolliert und ein Überwachungsinstrument für jeden Schritt in der Lieferkette enthält, mit dem man sehen kann, wo sich die Bohnen zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden.
  2. Die Kakaobohnen werden zu einem höheren Preis gekauft, um ein existenzsicherndes Einkommen der Kakaofarmer*innen zu gewährleisten. In der Berechnung wird beispielsweise berücksichtigt, wie viele Personen vom erzielten Einkommen leben müssen, wie hoch die Lebenshaltungskosten in der jeweiligen Region durchschnittlich sind (einschließlich Ansparungen) und wieviel Geld für das Bewirtschaften der Felder notwendig ist. Mit einer Prämie wird die Lücke zwischen dem "Farmgate"-Preis für Kakao (der von den lokalen Behörden festgelegte Standardankaufspreis) und dem errechneten existenzsichernden Einkommen ausgeglichen.  
  3. Durch die „Tony’s Open Chain“ werden Kooperativen gestärkt, durch die Kakaoproduzent*innen ihre Interessen besser vertreten und Effizienzgewinne erzielen können. Die Kooperativen werden durch gezielten Kapazitätenaufbau gestärkt.
  4. Durch die langfristige Abnahmegarantien mit den Unternehmen der „Tony’s Open Chain“ gewinnen die Kakaofarmer*innen an struktureller Sicherheit. „Tony’s Open Chain“ schließt mit den Kakaofarmer*innen Verträge über mindestens fünf Jahre ab, welcher jedoch nur einseitig gilt. Das bedeutet, dass die Kakaofarmer*innen die Verträge auch kurzfristiger kündigen können, falls sie ein besseres Angebot erhalten.
  5. „Tony’s Open Chain“ unterstützt zudem ihre Partnerfarmer*innen durch das Vermitteln von Wissen zu Produktivitätssteigerungen im Anbau der Kakaobohnen. Dadurch können die Kakaofarmen mehr und hochwertigere Bohnen produzieren und so ihr Einkommen weiter steigern.

Die Schoko Winterscheidt GmbH hat sich für eine Kombination der beiden Initiativen entschlossen, um so ihre jeweiligen Vorteile nutzen zu können: Das Fairtrade Rohstoff- bzw. Produktsiegel sorgt für grundsätzlich fair gehandelten Kakao und weitere Zutaten in den JOKOLADE Produkten, während die „Tony’s Open Chain“ mit explizitem Fokus auf den Rohstoff Kakao neben einem höheren Lohn und verbesserter Produktivität für die Kakaofarmer*innen auch die Rückverfolgbarkeit der Kakaobohnen erhöht und insbesondere auch auf die langfristige Stärkung von Kooperativen setzt.

Ergebnisse

Seit dem Start des Verkaufs von JOKOLADE wurden alle Tafeln mit Fairtrade-zertifiziertem Kakao aus der „Tony’s Open Chain“ hergestellt. Insgesamt wurden von der „Tony’s Open Chain“ bereits 8921 Kakaofarmen erreicht – ein Teil hiervon auch durch die Produktion von der JOKOLADE. Die „Tony’s Open Chain“ hat beispielsweise festgestellt, dass sich in Ghana die Wohnsituation verbessert hat, da die Kakaofarmer*innen einen Teil der Prämie in den Ausbau ihrer Häuser investieren. Bei Kapatchiva, einer der ivorischen Partnerkooperativen, wurden zusätzliche Wasserbrunnen gebaut, so dass der Zugang zu Trinkwasser deutlich verbessert wurde. Im Zusammenhang mit der ghanaische Kooperative Abocfa konnte ein signifikanter Rückgang der in Armut lebenden Kakaobauern und -bäuerinnen verzeichnet werden. Waren es 2019 noch 28,4%, so sank dieser Wert in 2021 auf 16,3%. 

Die Schoko Winterscheidt GmbH unterstützt durch die Zusammenarbeit mit der „Tony’s Open Chain“ diese Entwicklung und Wirkung. Auch in Zukunft will das Start-Up mehr an den Themen Entwicklungszusammenarbeit weiterarbeiten. Ein Ziel ist die Förderung und Umsetzung von Projekten, die strukturelle Armutsursachen in der Kakaoerzeugung adressieren. Dies trägt noch mehr zur Bekämpfung von moderner Sklavenarbeit und illegaler Kinderarbeit bei. 

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