Was ist Circular Economy?
Circular Economy ist ein zirkuläres Wirtschaftskonzept, das eine Alternative gegenüber der gängigen linearen Wirtschaft bietet. Sie beruht auf den Prinzipien der Regeneration, der Wiederherstellung und des Kreislaufs. Hierdurch werden neue Geschäftsmöglichkeiten und Quellen der Wertschöpfung geschaffen. Ein elementarer Bestandteil ist das Design und die Konzipierung von Produkten um den Lebenszyklus zu erhöhen, und Wertstoffe und Einzelteile möglichst lange und mit hohem Wert im Kreislauf zu halten.
Hierfür existieren zehn sogenannte „R-Strategien“, die gleichzeitig eine Entscheidungshierarchie für die zirkuläre Wirtschaft darstellen:.

Was ist eine lineare Wirtschaft?
Eine lineare Wirtschaft ist ein System, in dem Ressourcen zur Herstellung von Produkten abgebaut werden, die schließlich als Abfall enden. Produkte und Materialien werden nicht in vollem Umfang genutzt und das lineare Wertschöpfungssystem hat negative Auswirkungen auf die Umwelt. Bei einem linearen Geschäftsmodell wird der Wert eines Produktes in der Regel durch einen einmaligen Verkauf generiert. Die Wertschöpfung durch eine einmalige und lineare Transaktion, kann jedoch ungewollte Nebeneffekte haben:
- Der Gewinn von Marktanteilen durch niedrige Preise kann Unternehmen dazu treiben, die Produktkosten niedrig zu halten – oftmals auf Kosten der Qualität oder Langlebigkeit der Produkte.
- Die fehlende systematische Verwertung von Materialien am Ende des Produktlebens führt zu einem erhöhten Abfallaufkommen.
Neben negativen Externalitäten aufgrund fehlender Marktpreise (z.B. Luft- und Wasserverschmutzung) werden auch natürliche Ressourcen erschöpft.
Ist „Circular Economy" nicht einfach ein anderes Wort für Recycling?
Nein, Recycling ist zwar eine zentrale Strategie innerhalb der Circular Economy, allerdings werden R-Strategien bevorzugt, die Produkte und Materialien auf qualitativ höherem Niveau im Kreislauf halten. Recycling repräsentiert zumeist lediglich eine Wiederverwertung von Materialien innerhalb linearer Wirtschaftssysteme, d.h. “take-make-waste”. Diese Wiederverwertung geht oft mit einem Verlust des ursprünglichen Materialwerts einher.
Im Endeffekt wird also ein Großteil des ursprünglichen materiellen Wertes unbrauchbar. Anstatt also zu versuchen, sich mit den Endprodukten eines linearen Wirtschaftssystems zu befassen, zielt die Circular Economy darauf ab, Anreize für den Erhalt des Materialwertes auf höchstem Niveau (über einen möglichst langen Zeitraum) zu gewährleisten.
Kreislaufwirtschaft oder Circular Economy – wie heißt es richtig?
Prinzipiell lässt sich „Kreislaufwirtschaft“ und „Circular Economy“ sprachlich direkt übersetzen. Allerdings ist die „Kreislaufwirtschaft“ in Deutschland stark durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (1994) geprägt. Ziel dieses Gesetzes ist es, das Abfallaufkommen in Deutschland zu reduzieren. So soll bspw. die Deponie von Abfällen reduziert werden und Schadstoffe beseitigt werden, damit diese nicht in die Umwelt gelangen. Daher wird der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ vorranging mit Lösungen ab dem Moment der Beseitigung (Wegwerfen) assoziiert.
Aufgrund der oft eingrenzenden Auffassung des Begriffs "Kreislaufwirtschaft" verwenden wir auch im Deutschen zumeist den englischen Begriff „Circular Economy“ (bzw. deutsch: „zirkuläre Wirtschaft“). Das zentrale Element bei der Circular Economy ist die ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfung - angefangen beim Design und mit Blick auf die Rückführung der Materialien und Wertstoffe bei dem „Lebensende“ eines Produktes.
Warum ist eine zirkuläre Wirtschaft für Unternehmen relevant?
Die Nachhaltigkeit wandelt sich von einem Randbereich der CSR (Corporate Social Reponsibility) zu einem integralen Bestandteil unternehmerischen Handelns. Hierbei wird auch die Zirkularität zunehmend zum Faktor für einen erleichterten Zugang zu Finanzmitteln (z.B. durch die EU-Taxonomie) sowie Compliance mit bestehender und aufkommender Regulatorik. Außerdem können sich durch die Einführung eines zirkulären Geschäftsmodells Synergien mit anderen Nachhaltigkeitszielen ergeben.
U.a. lassen sich für Unternehmen folgende mögliche Vorteile durch eine Circular Economy identifizieren:
- Eine erhöhte Ressourcensicherheit in Zeiten zunehmender globaler Konkurrenz um Rohstoffe;
- die Kosteneinsparungen gegenüber Primärrohstoffen durch die Beschaffung von Sekundärrohstoffen;
- eine Reduktion des CO2e-Fussabdrucks über den gesamten Produktionsprozess (und Scopes) hinweg;
- eine Attraktivitätssteigerung für Arbeitnehmer*innen in Zeiten von Fachkräftemangel durch glaubhaftes Nachhaltigkeitsmanagement und
- die Schaffung neuer Geschäftsmöglichkeiten (z.B. Erschließung neuer Märkte) und Ressourcenströme (z.B. Kunden als Materiallieferanten).
Unser Unternehmen betreibt ein vollumfängliches Klimamanagement - kann eine die Einführung einer Circular Economy so viel mehr?
Das unternehmerische Klimamanagement ist wichtig und richtig. Eine umfassende Bilanzierung und Management der Treibhausgase ist für die Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens (2015) zentral.
Der Abbau und die Verarbeitung von Ressourcen ist jedoch eine der relevantesten Quellen von Treibhausgasemissionen. Weltweit gehen nahezu 50% aller THG-Emissionen hierauf zurück. Der Ab- und Anbau von Ressourcen ist zudem zentraler Verursacher von Verlust von Biodiversität. (s. UNEP: Global Ressource Outlook 2019). Die (unkontrollierte) Entsorgung von Zwischen- und Endprodukten ist zusätzlich ein elementarer Treiber der Verschmutzung von natürlichen Ökosystemen in Luft, Land und Wasser. Dies sind Auswirkungen eines linearen Wirtschaftsmodells, das negative Externalitäten nicht in den Produktwert integriert und die Wertbildung durch den Verkauf eines Produktes oder Materials abschließt.
Zirkuläre Ansätze zeigen mögliche Lösungswege für die Dreifachkrise des Klimawandels, des Verlustes von Biodiversität und Umweltverschmutzung auf: Beispielsweise kann der Erhalt eines Materialwertes über eine Produktlebensdauer hinweg die Intensität der Landnutzung begrenzen, Abfallmengen verringern und THG-Emissionen reduzieren. Gleichzeitig bietet die Circular Economy einen Ansatz um der zunehmenden Ressourcenknappheit und der wachsenden (globalen) Konkurrenz um Rohstoffe zu begegnen.
Welche (rechtlichen) Anforderungen und Berichterstattungspflichten sind in Bezug auf die Circular Economy zu erwarten?
Spätestens mit dem EU Green Deal (2019) sowie dem EU Circular Economy Action Plan (2020) hat die EU einen zentralen Fokus auf eine zirkuläre Wirtschaft gelegt. Seitdem fördern und fordern konkrete Direktiven und Rahmenwerke diese Transformation immer weiter und führen sie entsprechend aus.
Europäische Gesetzesinitiativen, Direktiven und Standards umfassen u.a.
- die ESRS E5 (Draft, Stand 08/2023) innerhalb der Corporate Sustainability Reporting Directive;
- die EU-Taxonomie, mit Nachhaltigkeitsklassifizierung zur Lenkung von Finanzströmen;
- die EU Ökodesign Richtlinie (geplant, Stand 08/2023) inkl. Digitalem Produktpass;
- den geplanten EU-Rechtsvorschriften für Verpackungen und Verpackungsabfälle (Vorschlag, Stand 11/2022).
Deutsche Roadmaps, Initiativen und Standards umfassen u.a.
- Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) (in Erarbeitung, Stand 04/2023);
- deutsche Normungsroadmap von DIN, DKE und VDI (Stand 08/2023).
Auch internationale Organisationen und Standards beschleunigen den Übergang zu einer Circular Economy. Hervorzuheben sind u.a.
- Der Leitfaden zur erweiterten Produzentenverantwortung (EPR) der OECD;
- Die ISO-Norm 14009 zur Einbeziehung des Materialkreislaufs in Design und Entwicklung.
Ist eine Circular Economy gegenüber der aktuellen Wirtschaft überhaupt wettbewerbsfähig?
Eine Circular Economy ist gegenüber der aktuellen linearen Wirtschaft wettbewerbsfähig, da zirkuläre Ansätze den gesamten Lebenszyklus eines Produktes betrachten und somit die Erträge und die Kapitalproduktivität verbessern. Die lineare Wertschöpfung wird von einer Circular Economy insbesondere durch verbesserte Prozesse übertroffen. Zum Beispiel:
- Die Lebensdauer von Produkten kann durch ein verbessertes Produktdesign (z.B Materialreinheit, Modularität), sowie Angebote zur Reparatur oder Aufrüstung verlängert werden. Produkte können durch effiziente Rücknahmesysteme kostengünstig gesammelt, recycelt, und wiederverkauft werden.
- Durch neue Möglichkeiten der branchen- oder unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit kann die Nutzung von Produkten und Materialien über bestehende Wertschöpfungsketten hinweg gefördert werden, um Materialien mit dem höchsten Wert zu optimieren. Zudem wird die Circular Economy politisch forciert und als neues Wirtschaftssystem verstanden.
Muss ich für eine Circular Economy mein gesamtes Geschäftsmodell umstellen?
Um die Vorteile einer Circular Economy möglichst erfolgreich nutzen zu können, sollten Unternehmen passende zirkuläre Geschäftsmodelle identifizieren und diesen Schritt für Schritt implementieren. So können zum Beispiel bestehende Produktionssysteme und Nutzungssysteme angepasst werden, hierbei kann eine Analyse auf Produktebene ein erster Schritt sein. Neben der möglichen Rückgewinnung von Materialien kann so auch das Leistungsversprechen (value proposition) der Produkte betrachtet, und ein Dienstleistungsmodell des Produktes evaluiert werden. Durch die graduelle Umstellung und Anpassung können erste zirkuläre Prinzipien in das bestehende Geschäftsmodell integriert werden.
Warum sind Partnerschaften und kollaborative Ansätze für eine erfolgreiche Circular Economy wichtig?
Der Wandel hin zu einer Circular Economy verändert die Rollen von Stakeholdern innerhalb der Wertschöpfungskette. Bisherige Kunden können so bspw. zu Lieferanten von Sekundärrohstoffen werden. Durch Synergien mit angrenzenden Produktionsketten können zusätzliche Materialströme über neue Partnerschaften geschaffen werden, u.a. können dadurch Kosten für Inputmittel (u.a. Rohstoffe, Energie, Arbeit) über eine Kaskadennutzung von Materialien, Produkten und Infrastruktur gesenkt werden. Um diese innovative Wertschöpfungskreisläufe zu identifizieren und zu ermöglichen, müssen Akteure und deren Prozesse ganzheitlich betrachtet werden und erfordern einen hohen Grad an Abstimmung. Die verschiedenen Akteure stehen jedoch aufgrund ihrer bisherigen Rollen in der Wertschöpfungskette vor eigenen Herausforderungen und Chancen.
Um eine erfolgreiche Transformation zu schaffen, sollte ein langfristiges Engagement aller Stakeholder verfolgt werden. Insofern ist neben der geteilten Vision auch eine anteilige Beteiligung an Gewinnen, z.B. aus erhaltenem oder neu geschaffenem Materialwert, von Vorteil.
Wie können eine Circular Economy und zirkuläre Geschäftsmodelle gemessen werden?
Bislang gibt es keinen Indikator, der als einziges Maß für die Circular Economy dienen kann. Es werden daher verschiedene Indikatoren verwendet, die direkt oder indirekt als Richtwert für Zirkularität genutzt werden:
- Materialfußabdruck und Ressourcenproduktivität: z.B. Materialverbrauch in Tonnen/Euro Umsatz;
- Zurückgewonnen Materialien und Rückführungsmengen nach Produktlebensende;
- Lebensdauer von Produkten;
- Prozentuale Verwendung von Sekundärstoffströmen Materieller Fußabdruck (RMC) (s. unten) und
- Gesamtmaterialaufwand (TMC) (s. unten).
Darüber hinaus ist die Quantifizierung von Material- und Abfallströmen (Ressourcen-Inflow und -Outflow) eine wesentliche Grundlage, um die Entkopplung von Ressourcennutzung und wirtschaftlichem Wachstum nachvollziehen und optimieren zu können. Auch Indikatoren, welche den Wechsel zu neuen Geschäftsmodellen (bspw. Product-as-a-Service statt des herkömmlichen Verkaufs) abbilden, sind für die Steuerung relevant.
Der European Sustainability Reporting Standard (ESRS) definiert im Anhang „E5: Resource Use and Circular Economy” weitere Datenpunkte, die auch Teil der Berichterstattung werden sollen. Dazu zählen bspw. das Gesamtgewicht aller Produkte und Materialien, das Abfallaufkommen sowie auch finanzielle Chancen und Risiken im Kontext der Circular Economy.
Es existieren darüber hinaus auch ganze Frameworks, um die Messbarkeit und Vergleichbarkeit von zirkulären Geschäftsmodellen zu verbessern: Geläufig sind hier beispielsweise das von der Ellen MacArthur Foundation entwickelte Tool Circulytics sowie die Circular Transition Indicators des WBCSD.
Was wird unter dem materiellen Fußabdruck (RMC) und dem Gesamtmaterialaufwand (TMC) verstanden?
Der materielle Fußabdruck (auch als Raw Material Consumption, RMC) bezeichnet den Ressourcenbedarf von Produktion, Konsum und/oder Investitionen; dazu zählen direkt gewonnene als auch importierte Primärrohstoffe abzüglich der exportierten Rohstoffe. Eingeschlossen sind auch die (umgerechneten) Rohstoffe in Vor- und Endprodukten.
Der Gesamtmaterialaufwand (Total Material Consumption, TMC) betrachtet nicht nur direkt verbrauchten Rohstoffe, sondern umfasst auch das Material, das anfällt bzw. bewegt werden muss, um die verbrauchten Rohstoffe zu gewinnen. Der TMC bemisst dementsprechend die Materialflüsse aus verwerteten und ungenutzten Entnahmen (z.B. Abraum, Ernterückstände). Dies ist insbesondere für die Betrachtung möglicher Umweltauswirkungen relevant (z.B. wenn für seltene Rohstoffe große Mengen an Erde, Gestein, etc. bewegt werden muss und diese zur letzten Rohstoffgewinnung bspw. chemisch behandelt werden müssen).