12.10.2020
Die Science Based Target Initiative (SBTi) veröffentlichte im September 2020 ein neues Paper zu Net Zero. Unternehmen finden darin erste Gedanken zu einheitlichen unternehmerischen Net Zero Klimazielen. Zudem wird die Wichtigkeit von Nature-Based Solutions herausgestellt. Eine Konkretisierung und die detaillierte Anwendbarkeit für Unternehmen werden über die kommenden Monate in einem Stakeholder-Prozess ausgearbeitet.
Der IPCC-Sonderbericht aus dem Jahr 2018 verdeutlichte, dass die Emissionen von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 auf Net Zero (= Netto-Null) sinken müssen. Nur so kann es gelingen, die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen und die verheerendsten Auswirkungen des Klimawandels auf Mensch und Natur zu verhindern.
Auch Unternehmen sind aufgefordert, ihre Emissionen bis 2050 auf null zu reduzieren. Entsprechend groß ist das Interesse daran, ein verbindliches und gemeinsames Verständnis dafür zu entwickeln, was Net Zero für Unternehmen bedeutet – und wie der Weg dorthin gestaltet werden kann. Die Science Based Targets initiative (SBTi – mehr zum Hintergrund hier), eine gemeinsame Initiative des UN Global Compact, World Resources Institute, CDP und WWF, präsentiert ihre Ideen und Vorstellungen hierzu in einer neuen Veröffentlichung. Die wichtigsten Inhalte sind im Folgenden zusammengefasst.
Zwei Bedingungen müssen laut SBTi erfüllt werden, damit ein Unternehmen Net Zero, also Netto-Null-Emissionen erreicht und damit seinen Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel leistet:
Den Nature-Based Solutions kommt demnach im Zusammenhang mit Net Zero eine tragende Funktion zu. Diese werden im Folgenden näher beleuchtet.
Net Zero Ziele gehen über die bisherigen Ziele hinaus, indem Unternehmen zusätzlich Verantwortung für unvermeidbare Emissionen, also Emissionen, die nicht verhindert werden können, übernehmen. Klar ist aber: ein Net Zero Ziel muss im Einklang mit dem bisherigen 1,5°C-Reduktionspfad sein. Ein „deutlich unter 2°C“-Ziel über die SBTi ist hierfür nicht ausreichend.
Der Verlust von Naturflächen (beispielsweise durch Abholzung) versursacht nicht nur eine weitere Anreicherung von CO2 in der Atmosphäre, sondern führt auch zu einer geringeren Fähigkeit der Ökosysteme Kohlenstoff wieder zu binden und damit die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu reduzieren. Somit kommt der Natur eine in doppelter Hinsicht wichtige Rolle bei der Begrenzung des Klimawandels und seiner Folgen zu. Globale Minderungspfade, die die Erderwärmung auf 1,5°C begrenzen, sehen vor, dass Netto-Kohlenstoffemissionen durch Landnutzungsänderung bis 2030 auf null abgesenkt werden. Durch den beschriebenen doppelten Effekt wird das Landsystem danach zu einer Netto-Kohlenstoffsenke: es bindet mehr CO2, als es in die Atmosphäre emittiert. Dies ist besonders relevant für Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf intensiver Flächennutzung basieren. Sie müssen die Abholzung innerhalb ihrer Lieferkette bis spätestens 2030 eliminieren. Auch für Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht auf intensiver Flächennutzung basiert, sind Nature-Based Solutions als potenzielle Neutralisierungsmaßnahme jedoch geeignet. Details hierzu wird die SBTi über die kommenden Monate ausarbeiten.
Die Herausforderung für die nächsten Jahre ist es, Unternehmen einen gangbaren und einheitlichen Weg aufzuzeigen, wie sie Netto-Null Emissionen erreichen und somit einen wissenschaftlich belegbaren Beitrag zum 1,5-Grad-Ziel leisten können. Die SBTi gibt hierzu in der Veröffentlichung eine Reihe von Empfehlungen, die in der Zukunft konkretisiert und weiterentwickelt werden (siehe „Ausblick & Fazit“).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die dargelegten Empfehlungen sich mit bisherigen 1,5°C- bzw. deutlich unter 2°C- Reduktionspfade decken. Die konkrete Bedeutung der Schlüsselaspekte „Neutralisierung“ und „Kompensation“ im Zusammenhang mit Net Zero und welche zentrale Rolle diese beiden Mechanismen einnehmen sollen, müssen noch konkret ausgearbeitet werden.
Laut SBTi wird mit der Veröffentlichung ein Handlungsrahmen für Net Zero abgesteckt. Das Paper hat nicht den Anspruch, bereits finale Kriterien oder detaillierte Anleitungen bereitzustellen. Diese will die SBTi nun in einem integrativen und transparenten Multi-Stakeholder-Prozess entwickeln.
Weiterhin bestehende Unklarheiten, wie beispielsweise die Frage nach dem Umgang mit Residualemissionen, die nicht verringert werden können, oder das Setzen von glaubwürdigen Zwischenzielen auf dem Weg zu Net Zero, müssen noch adressiert werden. Ebenso muss die Frage beantwortet werden, was wirksame Kompensations- und Neutralisierungsmechanismen sind und wie diese im unternehmerischen Kontext strategisch angewandt werden können.
Entsprechend müssen sich Unternehmen noch etwas gedulden bezüglich einer konkreten Anleitung für die Entwicklung von Netto-Null Zielen. Notwendig sind diese detaillierteren Vorgaben in jedem Fall, um Net Zero im Unternehmenskontext dauerhaft etablieren zu können.
Das gesamte SBTi Papier finden Sie hier. Weitere Informationen von der Science Based Targets Initiative zu Net Zero hier
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Lena Kern (lena.kern@giz.de).
Wollen Sie mehr zu Net Zero Strategien in Lieferketten erfahren? Dann melden Sie sich zum 2. Klimadialog des DGCN & WWF am 9. und 16. November an, der die aktuelle Diskussion um Net Zero Ziele mit ihrer konkreten Umsetzung und damit verbundenen Herausforderungen entlang Lieferketten verknüpft.